Die Bauchtanzaffaire 3

Tags darauf erreichte mich ein freundlicher Anruf...
Er riss mich geradewegs aus einer kuriosen Vision, die mir Menschenwesen wie 3-D Projektionen vor Augen hielten. Sie konnten sprechen und sich bewegen, sahen aber irgendwie nicht wirklich echt aus. Ich staunte! Sollte ich mich mit solchen Spielzeugen wirklich auseinandersetzen, oder war ihre Bedeutung für mich auf das beschränkt wonach sie aussahen? Sie sahen aus wie künstliche Filmschauspieler, die einprogrammierte Rollen abzuspielen schienen! Was konnten sie von mir wollen? Was konnte ich von ihnen wollen?

Liebe vielleicht? Geschäftliche Kontakte? Einen sinnvollen Gedankenaustausch? „Sonst noch was?!“ hörte ich jemanden sagen und ich vermutete es sei eine der Elfen gewesen, denn es war – außer den Gestalten der irrealen Vision - niemand zu sehen. Dann erwachte ich...
„Dr. Troll!“ sagte ich geistesabwesend, meine Ernennung großspurig vorwegnehmend.

„Hallo hallo“ säuselte da eine auf zuckersüß gestellte Stimme am anderen Ende der Leitung. Die Bauchtänzerin! Was konnte sie wollen; sollte ich sie vielleicht noch einmal in Action filmen, oder wollte sie mich einfach aus freundschaftlichen Gründen wiedersehen?
„War das nicht ganz zauberhaft kürzlich?!“ hauchte die respektable Frau Lotte ins Telefon. Natürlich bejahte ich diese Frage. „Du hast recht“, meinte ich, immer noch von meiner Vision etwas benommen, „es war einfach wunderbar - ich danke dir noch einmal dafür. Du hast deine Rolle göttlich gespielt.

„Ich habe nicht gespielt“ erwiderte da meine Gesprächspartnerin lakonisch, „das war echt, ich habe mich in Uj verliebt!“
„Oh“ stöhnte ich, etwas verwirrt, der neuen Umstände wegen. Jetzt wird sie auf einer weiteren Fotosession bestehen und ich soll die Schöne aus Au fragen ob sie mitmachen würde.
Das klang so gar nicht nach einem Dr. der Trollologie, oder der Trollosophie, das klang nach einem Gassenjungen der noch grün hinter den Ohren ist.
Die Quittung dafür folgte auf dem Fuß: „Gibst du mir bitte die Handynummer von Uj aus Au, ich muss sie unbedingt anrufen, um mich mit ihr zu verabreden!“

Ich zögerte. „Ok, mach ich, aber zuerst rufe ich sie an und erkundige mich, ob ihr das auch recht ist – einverstanden?!“
„Damit bin ich nicht einverstanden, lieber Troll! Schließlich lag sie nackt in meinen Armen. Ich habe das Recht sie ganz von mir aus und ohne deine überflüssige Einmischung zu kontaktieren... verstehst du?!“ Ich verstand nicht!
Eingebildet wie ich nun mal bin bat ich mir eine kurze Bedenkzeit aus...
Dann rief ich die schöne Uj an, um mir ihre Einwilligung für die Weitergabe ihrer Kontaktdaten einzuholen. Uj war zwar nicht gerade empört, aber doch ein wenig überrascht, daß ich mich beinahe von der anderen Frau des Piemmà-Duos hatte beschwatzen lassen.
„Bitte tu das nicht“, protestierte sie, „ich habe genau verstanden was sie von mir wollte, aber damit bin ich nicht einverstanden. Ich kann mir jeden Mann nehmen den ich haben will – ich brauche keine zusätzliche Gespielin!“ Weißt du, das Shooting war zwar sehr interessant, aber mir war dieser wilde Haufen ein bisschen zu aufdringlich! Also, wenn es dir nichts ausmacht sie abzuwimmeln dann tu das bitte für mich. Du willst mich doch als Model behalten, oder?“

Selbstverständlich sicherte ich Uj meine Integrität in Sachen Verschwiegenheit zu und versprach ihr sie zu beschützen.
Dann meldete ich mich wieder bei der aufdringlichen Emanze. „Tut mir leid, liebes Wunderwesen“, hauchte ich nun meinerseits drollig in den Hörer, Uj hat mir die Erlaubnis ihre Nummer weiterzugeben verweigert...sorry, ich kann da nichts machen – aber vielleicht finden wir eine Andere für dich“.

Sofort war Lotte außer sich. „Ich warne dich“ zischte sie giftig, du gibst mir jetzt sofort ihre Nummer und mischst dich nicht weiter in Frauenangelegenheiten oder ich verbiete dir die Fotos zu behalten. Du wirst sie alle übergeben: ich nehme meine Zusage für das Event hiermit zurück und malen darfst du davon auch nichts! Reicht das? Gibst du mir jetzt ihre Nummer, oder muss ich zum Rechtsanwalt gehen?“
Ich erschrak so sehr, daß die Bilder meiner Vision wieder zurückkamen. Diesmal sahen sie alle aus wie Gozzilla Gottshäuser: gläsern und unwirklich, doch diesmal mit einem weiteren Accessoire versehen: aus ihrem Innern schimmerten schwarze Nummern und ich begriff, daß es sich dabei wahrscheinlich um den Code ihres Schicksalsauftrages handeln musste.

Diese Prüfung hatte ich bestanden und durfte mich nunmehr nicht nur Troll, sondern Dr. Troll nennen. Was für ein Spaß!?
Weniger spaßig war die Frauenstimme am Telefon. Ich musste mir noch einen Schwall Beschimpfungen anhören wie „ich werde dich wegen Missbrauch anzeigen“, oder „wenn es hart auf hart kommt halten wir Weiber schon zusammen...du wirst schon sehen“!

Natürlich wurde mir, samt meinem sauer erworbenen Titel, auf der Stelle mulmig! Dann tauchte der Schicksalscode der Tänzerin vor meinem geistigen Auge auf und ich las „666-777-28095“. Schlagartig wurde mir die Bedeutung der Zahlen bewusst. Bei dieser Kombination musste es sich um die Zusammenstellung gefährlicher Aufträge handeln, die nicht nur versierte Trolle auf Abstand hielten, sondern auch ganz gewöhnliche Männer irritieren würde (sofern sie nicht von allen guten Geistern verlassen waren).

Dann trat Stille ein, denn die Furie hatte wütend aufgelegt! Doch „nach dem Sturm ist vor dem Sturm“ verrät uns ein altes Fußballsprichwort und mich erwarteten derer gleich mehrere.
Schließlich hatte ich, neben meinen zweifelhafte Vergnügungen, auch noch ernste Pflichten zu erledigen. Eine davon hieß Frau Restöv und die verlangte regelmäßig nach Malunterrichtsbetreuung.

Gleich morgen sollte das nächste Stelldichein stattfinden. Und ich hatte das Atelier noch nicht einmal von den Spuren des Shootings befreit. Der Hintergrund hing noch nicht wieder aufgerollt von der Decke. Die Lampen standen herum. Die Sektgläser standen ungespült auf dem Ateliertisch und wenn ich mich recht erinnerte, dann waren auch die Kameras noch nicht wieder im Schrank. Davon durfte die arme, biedere Frau Restöv nichts mitbekommen. Denn ihre Seele war im Gegensatz zu der meinen rein und unbefleckt.

Dingsbums zeigte leider überhaupt kein Verständnis für die Misere in die ich mich da hineinmanövriert hatte und schalt mich lautstark: „Wie kannst du so ein Vorhaben mit zwei derartigen Schlampen durchziehen? Warum machst du das nicht wie ein anständiger Maler, der was verdient und bezahlst Profis dafür? Ich verstehe – weil du kein Geld hast! In deiner Gewissenlosigkeit verlässt du dich einfach auf deinen sogenannten Charme, auf den auch nur dumme Weibsbilder hereinfallen können und arrangierst dann auch noch auf unmoralische Art eine Sauerei, die dazu ein überflüssiges Bild hervorbringen soll, welches ebenfalls verabscheuungswürdig ist. Wenn du nicht sowieso schon nichts taugen würdest müsste ich dir jetzt sagen, daß du mit solchen Abbildungen keinen „Durchbruch“ erzielen wirst. Das machst du doch nur um deine absurden Phantasien zu befriedigen.

Ich ahnte, daß sie recht hatte, widersprach nicht und konzentrierte mich auf einen kühlen Abend vor dem Fernseher, um mich von meinen absurden Phantasien abzulenken, die mich mehr und mehr zu plagen schienen wie einen Triebverbrecher, der den Befehlen seiner Veranlagung folgen muss. Ja, auch ich litt unter inneren Zwängen, das war mir klar!
Innerlich leicht gebückt machte ich mich am Morgen des nächsten kühlen Tages auf den Weg um das Atelier von den Spuren meiner umgesetzten abnormen Absichten zu säubern...denn am Abend sollte mich bereits der nächste Tiefschlag erwarten.

Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  36

© Alf Glocker


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Kommentare zu "Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  36"

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  36

Autor: Sonja Soller   Datum: 06.10.2022 11:50 Uhr

Kommentar: Auch wenn ich mich wiederhole, sehr interessant so ein Trollleben!!!

Gut geschrieben!!

Herzliche Grüße aus dem gespannten Norden, Sonja

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  36

Autor: Michael Dierl   Datum: 06.10.2022 11:58 Uhr

Kommentar: Ich glaube ich habe bei einem Troll gearbeitet. Da ginge es ähnlich zu auch mit Aktfotografie hahahaaaaaa......Man, was waren das für Zeiten in der ich auch noch Headhunter so nebenbei spielen mußte! Danke für die Erinnerung! ;-)

lg Michael

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  36

Autor: Alf Glocker   Datum: 07.10.2022 8:57 Uhr

Kommentar: Vielen Dank liebe Freunde!

Michael - das klingt ja spannend!

LieGrü
Alf

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  36

Autor: Michael Dierl   Datum: 07.10.2022 12:21 Uhr

Kommentar: Moin Alf, ja, war es auch! Falls es Dich interessiert dann schau mal unter Inkoknito. Ist ein Buch mit s/w Akt-Fotografie. Ist nett gemacht und ich hab damals dazu beigetragen die Mädels an unserer FH zum Teil zu finden. War schon eine kitzelige Aufgabe wenn man das noch nie zuvor gemacht hat. Aber man gewöhnt sich irgendwie an alles. UND man kam dabei in, so sag ich jetzt mal, doch delikate Situationen die ich aber nicht ausnutzt habe. Was Du da so schon länger beschreibst kann ich zu 100% nachvollziehen :-). Die Werbebranche tickt anders aber das war schon die Zeit als Dekoratuer nicht viel anders. Sensible Menschen oder anders ausgedrückt gefühlsdusselige Trolle Hahahahaha......kochen in ihrer Begeisterung für so manchen doch manchmal sehr über! Gut ist wenn man rechtzeitig einen Deckel findet der paßt ;-). Dir noch recht viel Spass bei dieser Geschichte! Es scheint aber AUCH etwas Wahrheit mitzuschwingen wie ich vermute. Aber ich sag's nicht weiter hahaaaaaa.....!

lg Michael

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  36

Autor: Alf Glocker   Datum: 07.10.2022 16:24 Uhr

Kommentar: Ist das das mit den Karten in allen möglichen Sparten?

Wenn ja, das ist witzig!!

LG Alf

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  36

Autor: Michael Dierl   Datum: 07.10.2022 21:05 Uhr

Kommentar: Hallo Alf, kann sein, dass er nach meiner Zeit auch ein 2. Exemplar rausgebracht hat. Da war ich nicht mehr dort! Ich kenne nur das Bildband in A4 Format s/w. Wir haben viel für Harlekin Wiesbaden gemacht. Kann sein dass er da in diese Richtung Scherzartikel was gemacht hat. Jedenfalls war's eine schöne Zeit wenn man mit Quatschartikel Geld machen konnte. :-)

lg Michael

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